bochum macht spaß
BJÖRN GRALLA | ALLES AUSSER KONTRA!
BJÖRN GRALLA | ALLES AUSSER KONTRA!
Der Name Björn Gralla ist besonders in Bochum und Umgebung vornehmlich verbunden mit dem Zeltfestival Ruhr, das er gemeinsam mit seinen Mitstreitern Heri Reipöler und Lukas Rüger seit vielen Jahren erfolgreich auf die Beine stellt. Selbst einst als Musiker aktiv, setzte er mit seiner in Bochum ansässigen Agentur Contra Promotion anschließend alles daran, nicht nur erfolgreich Konzerte zu organisieren, sondern auch vielversprechenden Bands zum Erfolg zu verhelfen. Mit den Guano Apes ging es los und just in diesen Tagen jährt sich die Veröffentlichung des mit mehreren Awards ausgezeichneten und mit über einer halbe Milliarde Streams geadelten Albums »Tekkno« der Contra-Promotion-Band Electric Callboy aus der Nachbarschaft Castrop-Rauxel zum zweiten Mal, was Agentur und Band gebührend gefeiert haben.
Björn, zu den vielen Erfolgen der Bochumer Agentur Contra Promotion gehören aktuell das Jubiläum und die vielen Auszeichnungen des Electric-Callboy-Albums »Tekkno«, die ihr als Agentur der Band zuletzt mit den Castrop-Rauxelern in Köln gefeiert habt. Wie hast du das erlebt? Und wären die Jungs aus der Nachbarstadt nicht auch mal Kandidaten für das Zeltfestival 2025?
Im Prinzip schon, allerdings sind wir im Booking für das ZFR doch nicht ganz so laut und progressiv unterwegs. Ich will aber nicht grundsätzlich ausschließen, dass die Band in den nächsten Jahren auch noch mal auf dem ZFR spielt, aber es ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht sonderlich wahrscheinlich. Generell ist der Erfolg natürlich der absolute Wahnsinn, vor allen Dingen, wenn man bedenkt, dass das ja alles weltweit passiert! Egal ob Sydney, New York, oder Tokio – überall sind die großen Hallen ausverkauft.
Welche Tätigkeiten übt ihr als Agentur für Bands wie Electric Callboy eigentlich konkret aus und woraus bestehen darüber hinaus die weiteren Dienstleistungen von Contra Promotion?
Contra Promotion ist ein klassischer Tourneeveranstalter. Wir erstellen für unsere Künstler weltweite Tourneen, angefangen beim sogenannten Routing, bis hin zur Endabrechnung. Alles dazwischen – Organisation, Reisen, Unterbringung, Zusammenstellung der Crew, Ticketing, Marketing, Technik etc. etc. – beschäftigt uns hier tagtäglich.
Electric Callboy und »Tekkno« sind euer jüngster Erfolg. Kannst du dich noch an deinen ersten größeren Erfolg als Chef von Contra Promotion erinnern?
Ganz klar die Guano Apes. Ich habe die Band damals – auf Hinweis des Produzenten Frank Bornemann aus Hannover – entdeckt, mit Contra Promotion unter Vertrag genommen und aufgebaut. Glücklicherweise hat das seinerzeit auch sehr erfolgreich und nachhaltig funktioniert, so dass wir als Agentur damals sehr schnell gewachsen sind und zeitnah einer der großen Player für Rock, Alternative, Punk, und Metal wurden. Im Anschluss daran kamen dann ja auch Größen wie HIM, Nightwish, H-Blockx, u. v. a. hinzu, die wir alle europaoder z.T. auch weltweit vertreten haben.
Welche Schwierigkeiten waren es und welche sind es heute, die sich für dich und deine Agentur im Laufe der Jahre aufgetan haben und überwunden werden mussten?
Das sprengt so ziemlich jeden Rahmen, darüber könnte man stundenlang referieren. Ich denke, die wesentliche Herausforderung in unserem Job ist das Spannungsfeld zwischen Künstler und Agentur. Läuft alles gut, sind alle happy. Läuft es mal nicht so – und das ist leider deutlich häufiger der Fall als das erste Beispiel – fangen die Reibereien an. Hier kommt es dann darauf an, das Vertrauen des Künstlers zu haben, mit dir auch durch die weniger guten Zeiten zu gehen, und nicht sofort die Agentur zu wechseln, wenn es mal etwas holpriger wird. Was sich durch neue Partner im Übrigen in den allermeisten Fällen auch nicht auflöst, sondern das Problem in aller Regel nur verschiebt. Dieses Vertrauensverhältnis zum Künstlerlager aufzubauen, gelingt in vielen Fällen, aber eben auch nicht in allen. Oftmals spielen hier auch Ungeduld, Beratungsresistenz oder viele andere Probleme auf Künstlerseite eine ausschlaggebende Rolle.
Werfen wir einen Blick auf das neue Jahr 2025: Mit Samu Haber habt ihr als Veranstalter des Zeltfestivals Ruhr für das kommende Jahr bereits einen großen Namen im Programm, den ihr als Agentur ja auch betreut. Sind Stand jetzt weitere Namen hinzugekommen, auf die sich die Zuschauer freuen dürfen?
Neben Samu haben wir bereits Kontra K verpflichten können, so wie auch Bosse, Rea Garvey, Nico Santos und Pawel Popolski. An sehr vielen weiteren wird derzeit gearbeitet.
Welcher Zeltfestival-Auftritt einer Künstlerin oder eines Künstlers oder einer Band war für dich bisher dein persönliches Highlight?
Jamie Cullum und Roger Hodgson waren schon außergewöhnlich gut. Auch Ed Sheeran, der bei uns in einem der allerersten Jahre noch in Zelt 2 gespielt hat, war ein echtes Erlebnis. Etwas sehr Besonderes, gerade aus Bochumer Sicht, war auch die Wiedervereinigung von Tresenlesen; das hat wirklich unglaublich Spaß gemacht.
Es gibt Stimmen, die euch bei der Musikauswahl eine gewisse Mutlosigkeit vorwerfen und immer wieder dieselben Künstlerinnen und Künstler oder Bands auf den Zeltbühnen beklagen. Kannst du diese Kritik nachvollziehen?
Ja. Wir machen das jetzt seit 15 Jahren, und wir müssen betriebswirtschaftlich funktionieren. Die Erfahrung zeigt überdeutlich, dass sich bei uns die radio-getriebenen Mainstream- Themen mit Abstand am besten verkaufen, und das ist für uns – egal wie man das inhaltlich finden mag – der wesentliche Faktor. Wir gehören keinem Konzern wie CTS Eventim oder Live Nation an, wo wirtschaftliche Verluste einfach abgeschrieben werden. Wir sind inhabergeführt und es ist unser ureigenes veranstalterisches Risiko. Es ist im Prinzip dieselbe Frage wie bei Contra Promotion auch: Wenn ich die Themen bearbeite, die mir selbst am besten gefallen oder die von mir aus auch musikalisch richtig mutig wären, würde es Contra Promotion schon lange nicht mehr geben. Das soll um Gottes Willen nicht heißen, dass ich die Themen, die wir vertreten, nicht mag! Im Gegenteil! Ich könnte aber leicht etliche Bands mehr vertreten, die alle keine Tickets verkaufen – die ich persönlich aber richtig super finde. Das bringt mich nur leider nicht ans Ziel. Und genau so ist es auch mit dem ZFR-Programm. Eines von vielen Beispielen: Gaslight Anthem. Die Band ist der Hammer. Sie haben ungefähr ein gutes halbes Jahr vor ihrer ZFR-Show – ich glaube das war 2015 – die Mitsubishi Electric Hall in Düsseldorf mit 7.000 Tickets bis an den Rand ausverkauft. Bei uns waren keine 1.500 zahlenden Zuschauer, weil es thematisch einfach keine ZFR-Band ist, auch wenn sich die 1.500 sicher Leute gefreut haben. Solche Shows ziehen dann einen hohen wirtschaftlichen Verlust nach sich, den andere Shows nach Möglichkeit ausgleichen müssen. Habe ich aber im Ganzen zu mutig oder progressiv gebucht, fehlen mir diese Ausgleichsshows, und die Wirtschaftlichkeit kippt. Man kann dann sehr schnell mit einem Bein in ernst zu nehmenden Schwierigkeiten sein. Das veranstalterische Risiko ist immens. Und dem müssen wir mit unserem Programm und dem, was die Mehrheit der Leute bei uns sehen will, Rechnung tragen.