DR. SASCHA SCHNIEDER
Foto: Dr.Sascha Schnieder

Interview: Michael Petersen

Foto: Dr.SaschaSchnieder

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Der Bochumer Urologe Sascha Schnieder stand uns zum Thema urologischer Krankheiten für ein Interview zur Verfügung. Vor allem ist bei Männern ab 50 der Prostatakrebs eine nicht zu unterschätzende Krankheit, die durchaus ernst genommen werden sollte. Wir sprachen mit Dr. Schnieder aber auch über andere Felder der Urologie, wie z.B. Inkontinenz, beginnende Impotenz oder der Aufklärung bei Jugendlichen.

Herr Schnieder, seit wann sind Sie Urologe und was gab damals bei Ihnen den Ausschlag dazu, sich für diesen Berufszweig zu entscheiden?
Ehrlich gesagt, habe ich mich erst spät für die Ausbildung zum Urologen entschieden. Ich hatte immer mit einem chirurgischen Fach geliebäugelt. Während des praktischen Jahres in Detmold 2001 habe ich dann drei Monate lang einen sehr guten Einblick in die vielseitige Arbeit in der Urologie bekommen. Ich darf ja eigentlich alle Patienten behandeln, egal ob Mann, Frau, Divers, Kind, Jung oder Alt. Ich habe dann die Facharztausbildung begonnen und in einigen Kliniken gearbeitet, zuletzt hier in Bochum bei Prof. Ubrig in den Augusta-Krankenanstalten. Seit Januar 2017 bin ich jetzt als niedergelassener Urologe tätig.

Die Urologie ist ein breit aufgestelltes Fachgebiet. Was sind Ihre Schwerpunkte?
Es gibt viele Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten in unserem Fachbereich. Neben dem Facharzt für Urologie besitze ich Zusatzqualifikationen u. a. in der medikamentösen Tumortherapie, Andrologie und Palliativmedizin. Ein Schwerpunkt meiner Arbeit ist dabei sicherlich die Vorsorgeuntersuchung auf Nieren-, Blasen-, Hoden oder Prostatakrebs.

Immer wieder ist Prostatakrebs ein Thema. Mittlerweile nicht nur bei älteren Patienten. Man hört auch von Fällen unter 50 oder sogar 40 Jahren. Wie erklären Sie sich das?
Hier müssen wir in erster Linie auf die genetische Disposition schauen, also auf die mögliche Vererbung bestimmter Faktoren. Oft liegt der Krebs bei diesen noch jungen Patienten „in der Familie“, soll heißen, dass Vater, Onkel oder Großvater bereits einen Prostatakrebs haben/hatten. Bei diesen jungen Männern müssen wir einfach eine hohe Empfänglichkeit für eine Vorsorgeuntersuchung bekommen. Es gibt auch eine Korrelation mit steigendem Alter, allerdings auch noch andere, eher allgemeine Risikofaktoren (Nikotin, Alkohol). Ebenso wissen wir, dass die männliche, afrikanische Bevölkerung empfänglicher ist für einen Prostatakrebs, was wiederum genetisch bedingt zu sein scheint. Andererseits sehen wir bei Männern aus Asien ein niedrigeres Auftreten von Prostatakrebs.

Gerade Männer sind dafür bekannt, dass sie erst dann zum Arzt gehen, wenn es fast zu spät ist. Ab wann sollte ein Mann nachhaltig zum Urologen gehen, wenn es darum geht, möglichst große Sicherheit zu gewährleisten?
Hier gilt das Motto „je früher, desto besser“! Natürlich ist eine Prostatakrebsuntersuchung mit 20 oder 25 Jahren noch nicht sinnvoll, allerdings stehen in dieser Altersklasse andere Tumore im Vordergrund, insbesondere der Hodentumor. Hier kann Man(n) allerdings auch selber tätig werden, indem man die Hoden regelmäßig (zum Beispiel alle 3 Monate unter der Dusche), abtastet. Natürlich sind wir Urologen dann auch zur Stelle, wenn Man(n) sich unsicher ist oder etwas ertastet hat, was dort vielleicht nicht hingehört. Oftmals wird dann das Internet befragt, spätestens danach folgt der panische Anruf bei uns. Das Thema „Prostatakrebs“ sollte bei familiärer Häufung auch nicht erst ab 45 oder 50 Jahren ein Grund zur Urologischen Vorsorgeuntersuchung werden, sondern vielleicht schon ab Mitte/ Ende der 30er Jahre. Hier ist es wichtig, eine Grunduntersuchung als Basis zu haben.

Sind Frauen für Vorsorgeuntersuchungen empfänglicher als Männer?
Absolut! Während bei den Männern nur höchstens 30 - 40 % eine Vorsorgeuntersuchung wahrnehmen, sind es bei den Frauen circa 60-70 %. Die Männer berichten dann auch oft, dass die Frau die treibende Kraft sei, die den Mann zur Vorsorge schickt. Das begrüße ich auf jeden Fall! Viele Männer schließen leider immer noch die Augen, wenn es um ihre Gesundheit geht.

Wenn bei einem Patienten Prostatakrebs festgestellt wird, wie groß sind dann die Heilungschancen und vor allem, worauf kommt es an, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen?
Wir kommen zum Thema „PSA-Screening“ mit seinen Vorund Nachteilen, ein immer wieder strittiges Thema. Fakt ist nun einmal, dass der PSA-Wert alleine von Prostatazellen gebildet wird und uns Urologen dazu dient, eine Aussage über die Vorsteherdrüse des Mannes zu bekommen. Ein erhöhter PSA-Wert sagt dabei nicht aus, dass ein Krebs vorliegt. Eine Erhöhung kann auch andere Gründe haben, wie zum Beispiel eine Vergrößerung, Reizung oder Entzündung der Drüse. Ein erhöhter Wert lässt uns Urologen genauer auf die Prostata schauen. Eventuell müssen dann zusätzliche bildgebende Verfahren oder Laborwerte bestimmt werden. Eventuell muss dann auch eine Probebiopsie durchgeführt werden. Ziel ist es, einen signifikanten Prostatakrebs, also einen Krebs, der später Probleme machen würde, herauszusuchen und zu bekämpfen. Die Heilungschancen korrelieren dabei vor allem mit dem Tumorstadium. Hier sind wir dann wieder bei der Vorsorge: je früher ein signifikanter Krebs entdeckt wird, desto besser ist er zu therapieren, aber auch nach einer Prostataentfernung wird eine regelmäßige Nachsorge empfohlen. Auch wenn die Drüse entfernt wurde, gibt es leider keine 100%ige Sicherheit, dass der Krebs nicht wiederkehrt, sei es auch erst Jahre später. Wir vermuten, dass hier zirkulierende Tumorzellen eine Rolle spielen. Warum diese sich aber erst ggf. nach Jahren bemerkbar machen, wissen wir nicht.

Es gibt ja auch weitere Problematiken wie vorzeitiger Samenerguss, Inkontinenz oder beginnende Impotenz. Wie sensibilisieren Sie ihre Patienten für solche Themen?
Ich glaube, diese Themen sind längst nicht mehr so ein Tabu- Thema, wie vor einigen Jahren noch. Das Internet trägt natürlich insbesondere dazu bei, dass sich Patienten vorher informieren und auch schon mit sehr genauen Vorstellungen und Erwartungen die Praxis betreten. Ich frage meist frei heraus, ob solche Probleme vorliegen. Das nehmen die Patienten gerne an und erzählen dann von sich aus. Ist der erste Schritt gemacht, erzählt es sich leichter!

Auf Ihrer Webseite ist ein Punkt sehr interessant. Sie bieten eine Jungensprechstunde an, um in der Pubertät bei möglichen Themen, die einem Teenager peinlich sein könnten, zu helfen. Was genau muss man sich darunter vorstellen und wird diese Hilfe auch angenommen?
Als Urologe und Androloge beschäftige ich mich natürlich auch mit Kindern und Jugendlichen und sehe mich dabei quasi als Bindeglied zwischen Familie, Kind/Jugendlicher und Kinderarzt. Viele Themen sind den Jugendlichen und jungen Heranwachsenden zu peinlich, um sie mit dem Kinderarzt zu besprechen, der sie bereits seit dem Säuglingsalter kennt. Andererseits sind gerade Themen wie „vorzeitiger Samenerguss“, „das erste Mal“ oder auch „Erektionsstörungen“ Themen, die man nicht unbedingt mit der Familie besprechen möchte. Da komme ich dann ins Spiel und kann helfen. Oftmals kommen die Jugendlichen allein oder in Begleitung der Freundin in die Sprechstunde. Wichtig für die Eltern zu wissen ist, dass ich natürlich bei diesen Themen nur beratend zur Seite stehe. Die Sprechstunde wird insgesamt gut angenommen und die Tendenz steigt!
Mehr Infos: www.urologie-weitmar.de

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