bochum macht spaß
Foto: Horst Martens, Stadt Herne

HERNE 3 | MUSIKALISCHE TRADITION VON NEBENAN

EINE KULT-BAND IM INTERVIEW

Interview:

Oliver Bartkowski

Fotos:

Holger Martens, Stadt Herne und Herne3

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Foto: Herne3

Keine Frage. Es kann nicht schaden über die Stadtgrenze hinaus zu schauen. Direkt nebenan war in den 80-er Jahren eine Band richtig groß. Die Rede ist von „Herne 3“. Mit Hits vom Schlage „Wieder kein Geld“ oder „Wie siehst denn du aus?“ liefen sie in den Radios der Republik rauf und runter und bespielten fleißig die Bühnen dieses Landes. Nun haben sich die Herren mit einer Dame verstärkt und es gibt sie wieder. Es wird neue Songs geben, vielleicht ein Album und vielleicht noch viel mehr. Gründungsmitglied Wolfgang Berke lebt schon lange Jahre in Bochum und wir sprachen mit dem Wanner Jungen über seine alte und neue Band.

Herne 3. Große Tradition und jetzt seid ihr wieder da. Ihr habt sogar auf ganz großer Bühne für die Climax Blues Band und Bryan Adams eröffnet und wart bei der großen Polydor unter Vertrag, richtig?
Ganz genau, den Deal bei der Polydor hatten wir. Es lief dort allerdings nicht so gut für uns, da der Typ, der uns unter Vertrag nahm, plötzlich die Firma wechselte und dann war in diesem großen Laden keiner mehr für uns zuständig. Was das Konzert mit Bryan Adams angeht Folgendes: Wir waren ziemlich bekannt und Bryan Adams war damals noch ziemlich unbekannt in Deutschland. Das war ein Verdienst von den Rockpalast Chefs Volker Wagner und Peter Rüchel. Es war keine der Rockpalast-Nächte in der Essener Grugahalle, sondern es war Open Air und wurde nicht live gesendet. Die Show wurde 1983 aufgezeichnet und dann zeitversetzt gesendet. Purple Schulz waren übrigens auch dabei.

Ja, die hatten mit „Verliebte Jungs“ einen ganz großen Hit. Wie war Bryan Adams denn so drauf?
Der war super. Wir traten als zweite Band nach Purple Schulz auf und er war der netteste, fremdsprachige Kollege, der mir je über den Weg gelaufen ist. Wir
haben wirklich viel erlebt, es war toll. Er schüttelte jedem die Hand, kam aus der Garderobe und sagte: „Good luck guys, you make it. I know it“. Ein starker
Typ. Die ersten drei Songs stand er neben der Bühne, hörte uns zu und feuerte uns an.

Was war das damals für eine Zeit für euch? Ihr hattet politische Textinhalte, aber auch Texte wie „Wie siehst denn du aus?“ Wie habt ihr euch selbst gesehen?
Damals waren wir natürlich jung. Wir wollten als mitteilende Rockband gesehen werden, haben uns Gedanken über die Lebenszusammenhänge gemacht, aber wir sahen uns auch nicht in der Tradition von „Ton Steine Scherben“. Wir sahen uns eher in der Nähe von BAP. Wenn es um Nazis und Aufrüstung ging, hatten
wir natürlich eine ganz klare, politische, Haltung.

Textlich befasst ihr euch nun mit Spotify und FULL HD. Müsst ihr mit der Zeit gehen?
Na klar, das wollen wir auch. Teilweise haben wir die Texte angepasst, weil wir hoffen, dass auch junge Leute sagen: „Hey, die haben was zu sagen. Die finde ich gut, obwohl sie alt sind“ (lacht). Aber das ist ja klar, dass wir nicht nur das Zeug von damals spielen. Live wird das eine ausgewogene Mischung sein und daher freue ich mich sehr auf unser großes Reunion-Konzert am 4. Mai in der Herner Flottmannhalle. Ein Song wie „Wieder kein Geld“ passt aber natürlich auch heute noch (lacht). Die neuen Songs spielen schon unser Alter wieder und wir singen nicht mehr von bevorstehender Midlife Crisis. Wir haben ein Lied für unsere Kinder geschrieben und das heißt „Ihr seid die Zukunft“. Wir sind also nach wie vor wach und aufmerksam.

Ihr wart in Bochum natürlich total bekannt und ich erinnere mich an ein Konzert in einem Jugendzentrum, das in der Nähe vom Lohring stand. Keine Ahnung, ob es das heute noch gibt, aber es war mein zweites oder drittes Konzert als Teenager und ich war schwer beeindruckt, dass ihr damals ein paar Skinheads gleich von der Bühne weg gesagt habt: „Wir wollen hier feiern. Wenn ihr Randale macht, habt ihr hier nix zu suchen“. Die Jungs guckten einmal überrascht und waren dann verschwunden.
Ich erinnere mich an dieses Konzert. Ist ja Wahnsinn, dass du damals dabei warst. Das war ein kleiner Saal oder Raum und man konnte die Scheiben nicht richtig verdunkeln, also haben die Jungs schwarze Pappe davor geklebt. Der Laden war rappelvoll und es gibt auch noch ein paar Fotos von dem Gig.

Die möchte ich sehen! Was war das für ein Gefühl nach so vielen Jahren wieder gemeinsam zu musizieren?
Das warDas war klasse. Nach drei Stunden Spielerei haben wir gespürt, wie die Funken wieder sprühen. Beim Umarrangieren kam wieder diese Abenteuerlust von damals und eines ergab das andere. Wir waren begeistert. Koslowski und ich haben damals das meiste Material geschrieben und ich wusste, wenn die und die Stelle kommt, wird der Theo das so und so am Schlagzeug spielen. So war es dann auch über 30 Jahre später. Einfach klasse. Es entwickelt sich viel Neues und wir haben den Anspruch neue Sachen zu veröffentlichen. Wir freuen uns sehr darauf.

Wenn dieses Heft erscheint, habt ihr euer vermutlich ausverkauftes Comeback-Konzert in der Herner Flottmannhalle schon gespielt. Ich drücke euch die Daumen.
Vielen Dank.

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