bochum macht spaß
Foto: Michael Grosler

Esther is' Walli, Esther is' Bochum… Esther is' Kult!

Im Gespräch mit der Powerfrau

Interview:

Oliver Bartkowski

Fotos:

Michael Grosler

Foto: Michael Grosler

Sie gehört zu den beliebtesten Bochumer Künstlern, ihre Vorstellungen sind regelmäßig ausverkauft und das Publikum jubelt, nicht nur in Bochum. Wir wollten von Esther Münch mal etwas mehr wissen. Was treibt sie an? Wie erarbeitet sie sich neuen Stoff? Woher kommen die Ideen? Esther
Münch packte ganz entspannt aus. Viel Spaß.

Frau Münch, wann haben Sie eigentlich Ihre komische Ader oder besser gefragt Ihr komödiantisches Talent entdeckt?

Ich war schon in der Schule der klassische Klassenclown. Es gibt ehemalige Klassenfreunde, die mir heute sagen: “Aus Dir hätte auch nichts Anderes werden können.“ Ich nehme das als Kompliment....;-)

Bei Ihnen hat man immer das Gefühl, dass Sie auch wissen, worüber Sie sprechen.

Ich arbeite immer mit sehr eingehenden Recherchen, bevor ich etwas auf die Bühne, ins Radio oder in die Kolumne bringe. Meine Überzeugung ist es, dass der Spaß gelingt, wenn man zum Einen wirklich weiß, wovon man spricht und wenn man zum Anderen mit Leidenschaft bei der Sache ist.

Kann man überhaupt gut und glaubwürdig sein, wenn man Themen bearbeitet, die zwar hip sind, aber einen vom Grundsatz her gar nicht interessieren?

Hm, eine gute Frage. Der Funke zum Publikum springt immer dann über, wenn das eigene Feuer brennt. Kann man in sich ein Feuer entfachen, quasi ohne Brennstoff? Ich könnte das nicht, aber ich schreibe auch alle meine Sachen selber. Meine Themen entstehen in meinem Kopf und in meinem Herzen, es ist aber eine andere Herangehensweise, wenn man sich die Gags schreiben lässt. Mir persönlich würde es schwer fallen, mit fremdem Brennstoff zu rennen....;-)

Nehmen wir einmal die Waltraud Ehlert, die Figur, welche Sie bekannt gemacht hat. Kam diese Idee spontan, hatten Sie zum Entwurf der Figur ein Schlüsselerlebnis und wie lange dauerte es, bis Walli auf eigenen Füßen stand?

Eine oft gestellt Frage. Die Figur der Reinigungskraft ist ja keine neue. Es gibt sie schon sehr lange, wie zum Beispiel auch die Figur des Hausmeisters. Beide Figuren sind eine Art moderner Narr, der in der Lage ist, den Menschen den Spiegel vorzuhalten. Meine Narrenkappe ist das Kopftuch und ich mag es, unterschätzt zu werden. Darin liegt eine große Chance. Gerne sage ich auf der Bühne:“ Ich bin wie Schluckimpfung, Sie lachen jetzt, aber heimlich mache ich Sie schlau.“ Genau so empfinde ich das und zum Anderen ist niemand aus dem Nichts mit einer Figur bekannt. Alles braucht seine Zeit und Entwicklung. Wenn man will, kann man das so sehen: Ich habe die Walli geboren, sie wachsen sehen und jetzt ist sie groß....;-)

Sie waren bei Jürgen von der Lippe in der ARD, im ZDF bei Volle Kanne Susanne und in diversen Sendungen zu sehen oder zu hören. Gab es auch mal das Angebot zu einer eigenen Comedy-Show oder war das für Sie kein Antrieb?

Das TV ist ein ganz besonderer Bereich. Einerseits ist es das anzustrebende Medium für viele, andererseits hat man dort nicht so viele Freiheiten, wie auf einer Theaterbühne. Im TV gibt es viele Grenzen durch Regisseure, Aufnahmeleiter, etc., es gibt also eine Art künstlerisches Korsett.
Wer mich und meine Programme kennt, der weiß, dass ich von der Interaktion mit dem Publikum lebe. Waltraud ist eine von ihnen, sitzt manchmal sogar auf ihrem Schoss.
Diese Art zu arbeiten liebe ich sehr und auch, dass mich die Menschen einfach und überall ansprechen können. Es ist für mich gut so, wie es ist.

Man darf behaupten, dass Sie kreativ sehr breit aufgestellt sind und als Sängerin ebenfalls überzeugen. Ist der Gesang ein Ausgleich zur Comedy oder geht beides Hand in Hand?

Ich habe mein Bühnenleben als Musikerin begonnen, war in verschiedenen Bands als Frontfrau und wollte die Musik nie aufgeben, deshalb gibt es in jeder Show auch irgendwo Musik oder zum Beispiel „Sing mit“ im Varieté et cetera in Zusammenarbeit mit der Musikschule. Das nächste Mal können wir gemeinsam am 5.April singen. Ich kann nur sagen, dass Singen glücklich macht!

Sprechen wir mal über Bochum. Hier und in der Umgebung sind Sie besonders beliebt. Was für ein Bild haben Sie mittlerweile von Bochum? Wirklich grau sind wir ja schon lange nicht mehr.

Es verblüfft mich immer wieder aufs Neue, wenn Menschen von außerhalb ausrufen:“Ach, ist das grün hier!“ Es scheint sich noch nicht überall herumgesprochen zu haben, dass wir schon seit Ewigkeiten nicht mehr schwarz vor Kohle sind. Als Jugendliche wollte ich immer in die weite Welt, heute bin ich sehr froh darüber, hier zu leben. Ich liebe Bochum mit allem, was dazu gehört. Es gibt immer Dinge, die verbessert werden können und allen kann man es ohnehin nicht recht machen, aber ich schätze sehr unsere Vorstädte, in denen man häufig noch Alles kaufen kann, wo man sich kennt und unterstützt. Ich erlebe hier eine wunderbare Vielfalt und ich bin ein echtes Bochumer Mädchen.....auf die Welt gebracht von meiner Großmutter, die Hebamme
war. Bochum ist für mich Stallgeruch!

Die Bochumer Kulturszene ist vielfältig und abwechslungsreich. Was gefällt Ihnen aktuell besonders gut und woran müssen wir noch arbeiten? Wo
könnte die Stadt noch Etwas tun?

Man muss sich nur die Lokalzeit im WDR ansehen, wie häufig da Bochum erwähnt wird, egal ob es Theater ist, vom Schauspielhaus bis zur kleineren Theaterszene oder Musikveranstaltungen von Klassik bis Rock und Co., Lesungen, Artistik , Kunst oder Industriekultur. Viele der bekannten Menschen aus diesen Bereichen kommen aus Bochum, das sollte uns alle stolz machen. Verbessern könnte man sicherlich die Umsetzung mancher Projekte, da bleibt so Einiges in der Abwicklung im bürokratischen Netz hängen und manches Mal frage ich mich, ob das wirklich nicht anders laufen könnte.

Ihre Auftritte sind in Bochum umjubelt, aber auch außerhalb von Bochum spielen Sie oft und viel. Was fühlen Sie auf der Bühne, wenn Sie beispielsweise
in Recklinghausen auftreten? Ist das Publikum sofort ganz bei Ihnen, wie man so schön sagt oder ist Bochum für Sie speziell?

In den Nachbarstädten zu spielen ist nicht so viel anders als in Bochum. Der Unterschied liegt eher in der Begrüßung. In Bochum ruft man: „Ey Walli, alles fit?“ In den anderen Städten ist das eher selten der Fall, aber wirklich interessant ist es außerhalb der Ruhrgebietes, wie zum Beispiel im Thüringer Raum, im Fränkischen oder in Norddeutschland. Da ist es mir ein besonderer Spaß die Stereotype einer Ruhrgebiets-Reinigungskraft zu erfüllen. Am Ende, wenn ich
mich zur Sängerin verwandele, gibt es oft einen erstaunten Satz:“ Sie können ja auch richtig sprechen“. Das ist mir immer eine große Freude.

Schauen wir mal in die Zukunft Ihrer Figur SonSchundDa. Gibt es ein neues Projekt, an dem Sie gerade arbeiten und wo können wir Sie in Bochum
dieses Jahr noch live sehen?

SonSchundDa ist eine ganz besondere Figur, die ich vielleicht noch einmal angesichts der großpolitischen Lage einsetzen werde, aber Konkretes habe ich nicht
geplant, allerdings wird es im Februar 2018 das neue Solo von Waltraud Ehlert geben. Da heißt es dann „Kamann machen........“

Danke für das Interview.

Herzlich gerne!