BOCHUM MACHT SPASS

NEUSTART MIT ANDREAS LUTHE BEIM VfL

Text: Jürgen Stahl

Foto: Luthe

Spätestens seit dem Relegations-Wunder 2024 mit einem gehaltenen Elfmeter gilt er als VfL-Legende: Andreas „Andi“ Luthe will dem VfL Bochum nach seinem Abschied aus dem Profi-Fußball beim Neuanfang in der 2. Fußball-Bundesliga helfen. Mit Hans-Peter Villis und weiteren Persönlichkeiten mit hoher sportlicher und wirtschaftlicher Kompetenz kandidiert der 38-Jährige bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung am 14. Juni für das neu zu wählende Präsidium. Über seine Motivation und Ziele sprach Andreas Luthe zuvor exklusiv im Gespräch mit „Bochum macht Spaß“-Mitarbeiter Jürgen Stahl.

Zahlreiche Fans des VfL Bochum haben zuletzt den Wunsch geäußert, dass Sie eine bedeutende Funktion im Verein übernehmen. Nun kündigen Sie Ihre Kandidatur für das Präsidium an. Was sind Ihre Beweggründe?
Andreas Luthe:
Ich bin keiner, der sich nach der aktiven Laufbahn zurücklehnt. Ich habe in den vergangenen zwölf Monaten eine weitere Firma gegründet, begleite vor allem Unternehmen in Team- und Leadership-Fragen. Der Abstieg des VfL und die vielen Gespräche mit Mitgliedern und Sponsoren haben mir auf schmerzliche, aber auch sehr klare Weise gezeigt, wie tief die Verbindung zu meinem Club noch immer reicht. Ich war beim Abstieg im Stadion. Es war zutiefst bewegend, wie unsere Fans den Verein in der schwersten Stunde getragen haben. Diese Haltung, diese Kraft: Das ist Bochum. Und ich glaube, jetzt ist der Moment gekommen, an dem wir gemeinsam anpacken müssen. Mit klaren Prinzipien, einem ehrlichen Selbstverständnis – und dem Willen, den VfL sportlich wie strukturell neu auszurichten. Dafür stehe ich, dafür trete ich an.

Was ist Ihrer Meinung nach in dieser Saison, insbesondere in den vergangenen Monaten von der jetzigen Clubführung falsch gemacht worden, damit es zu dieser sportlichen Talfahrt kommen konnte?
Es war eine Saison, in der wir als Verein die Kontrolle verloren haben. Wir hatten das schlechteste Heimtorverhältnis der Bundesligageschichte des VfL, holten historisch wenig Punkte an der Castroper Straße – und verloren dabei zunehmend an Struktur, Klarheit und Richtung. Nach der Relegation im vergangenen Jahr wurde zu wenig hinterfragt und zu wenig konsequent verändert. An entscheidenden Stellen wurde zu zögerlich gehandelt: die zu späten Transfers im Winter, die lange unbesetzte Sport-Geschäftsführer-Position, das Fehlen eines klaren strategischen Kurses. Wir brauchen kein einfaches „Weiter so“, sondern eine ehrliche Analyse und den Mut, Dinge anders zu machen.

Sie bilden bei der Kandidatur ein Team mit dem langjährigen VfL-Chef Hans-Peter Villis. Was schätzen Sie besonders an Herrn Villis? Welche Ziele, welche Erwartungen wären mit seiner Rückkehr an die Vereinsspitze verbunden?
Hans-Peter Villis kennt den VfL wie kaum ein anderer. Er hat über viele Jahre Verantwortung getragen, war immer nah dran an den Menschen und hat auch in kritischen Phasen Haltung gezeigt. Ich habe ihn in vielen Gesprächen als jemanden erlebt, der aus der Vergangenheit gelernt hat und jetzt mit der nötigen Klarheit und Energie nach vorne denkt. In der Vergangenheit gab es auch zwischen uns mal unterschiedliche Sichtweisen. Aber heute stehen wir Seite an Seite, weil wir beide überzeugt sind, dass es einen echten Neuanfang braucht – mit einem Team, das wirtschaftlich, sportlich und menschlich überzeugt.
Welche Expertise könnten sie über Ihre langjährige Profi-Erfahrung hinaus als Wirtschaftspsychologe und Coach einbringen?
Ich will neben meiner Expertise im Sport auch die Perspektive als Unternehmer und Wirtschaftspsychologe einbringen. Führungsfragen, Struktur und Kulturwandel: Das sind die Themen, die auch für den VfL jetzt essenziell sind.

Welche Aufgaben würden Sie in einem neu formierten Präsidium übernehmen? Was können Sie dazu beitragen, um den angekündigten sportlichen und wirtschaftlichen Neuanfang einzuleiten?
Wir wollen die Arbeit im Präsidium neu denken: als echtes Führungs- und Impulsorgan. Jedes Mitglied soll für einen klar definierten Bereich Verantwortung tragen. Ich sehe meine Rolle besonders im Bereich der sportlichen Strukturentwicklung, der Talentförderung und der Mitarbeiterbindung. Es gibt im Verein viele engagierte, kompetente Menschen, doch wir verlieren zu viele davon. Wir müssen die Bedingungen schaffen, unter denen Potenziale wachsen: nicht nur bei Spielern, sondern auch in der Geschäftsstelle und im gesamten Umfeld. Gleichzeitig möchte ich helfen, den VfL strategisch weiterzuentwickeln. Mit dem Ziel, nicht nur sportlich erfolgreich zu sein, sondern auch wirtschaftlich zu wachsen – mit Augenmaß, mit Haltung und mit der Region im Herzen.

Halten Sie einen sofortigen Wiederaufstieg in der Saison 2025/26 für realistisch? Wie müssten sich der Club und die Vereinsführung dafür aufstellen?
Er ist möglich – aber nicht selbstverständlich. Es braucht jetzt klare Entscheidungen, mutige Kaderplanung, Tempo im Handeln und ein gutes Gespür für die Dynamik der 2. Liga. Wir müssen als Verein zeigen, dass wir aus dem Abstieg gelernt haben. Das heißt auch: Prozesse entschlacken, Zuständigkeiten klarziehen, Kommunikation verbessern. Wenn uns das gelingt – dann können wir um den Wiederaufstieg mitspielen.

Welche Pläne verfolgt Ihr Team, um nicht nur die Profi-Fußballer, sondern auch den Gesamtverein mit seinen weiteren Abteilungen zu stärken?
Der VfL ist mehr als seine Lizenzspielerabteilung. Wir haben viele engagierte Abteilungen und starke Ehrenamtliche. Für uns ist klar: Wir wollen den ganzen Verein mitnehmen. Nicht mit Symbolpolitik, sondern mit konkreter Förderung und echter Beteiligung. Der Frauenfußball wird dabei eine wichtige Rolle einnehmen – sportlich, strukturell und auch sichtbar. Unser Ziel ist es, aus dem VfL Bochum einen integrativen, zukunftsorientierten Mehrspartenverein zu machen, der sich seiner Wurzeln bewusst ist und zugleich die richtigen Schritte in die Zukunft geht.

Wie würden Sie als Präsidiumsmitglied trotz Ihres Wohnortes in Bayern die enge Bindung zur Fan-Basis pflegen und fördern?
Ich bin regelmäßig im Ruhrgebiet. Mein berufliches Netzwerk ist hier, mein Herz sowieso. Ich war mit sechs Jahren zum ersten Mal an der Castroper Straße im Stadion. Mit 13 Jahren durfte ich das Trikot tragen, als Profi habe ich den VfL durch Höhen und Tiefen begleitet. Nähe entsteht nicht allein durch den Wohnort, sondern durch Haltung, durch Zuhören, durch Präsenz in den entscheidenden Momenten. Genau das will ich leben – im Dialog mit den Fans, in der Zusammenarbeit mit den Abteilungen, im ehrlichen Austausch mit den Mitgliedern. Ein glaubwürdiger Neuanfang gelingt nur gemeinsam. Ich will meinen Teil dazu beitragen.