bochum macht spaß
Foto: Günther Pohl

TRINKHALLENKULTUR

Text: Maik Schöneborn
Fotos: Günther Pohl

GÜNTHER POHL | RADIO-LEGENDE DES VFL BOCHUM

Er ist nicht nur ein toller Reporter, er ist auch ein feiner und engagierter Mensch. Die Rede ist von Günther Pohl, der Radio-Bochum-Legende. Über 1000 Spiele unseres Lieblingsvereins hat er moderiert, und er kennt die Bochumer Fußballszene aus dem Effeff. Seit einigen Monaten sammelt er auch für die Aktion „Lichtblicke“ und bewegt damit verdammt viel, denn mittlerweile sind über 100.000 Euro zusammengekommen. Ein weiterer Grund, um mit Günther ein Interview zu führen.

Herr Pohl, können Sie sich noch daran erinnern, als Sie sich selbst gesagt haben, jetzt will ich Reporter werden?
Das war schon sehr früh: 1966 wurde Deutschland Vize- Weltmeister und der VfL Bochum war in die Regionalliga West (2. Liga) aufgestiegen. Ich schaute die Sportschau, und plötzlich war mir klar: Ich will Reporter werden.

Wie alt waren Sie da genau und was war dann tatsächlich Ihre erste Reportage?
Ich war 13 Jahre alt. Danach hat es noch viele Jahre gedauert, bis ich meinen Traum verwirklichen konnte. Es war ein Hallenfußball-Turnier des VfL Bochum in der Herner Eissporthalle, das Jahr weiß ich gar nicht mehr so genau, und ich habe für den NDR zwei Tage lang die Spiele des Hamburger SV und von Hannover 96 kommentiert.


Was macht für Sie einen guten Radio-Reporter aus?
Hartnäckigkeit, eine gute Vorbereitung, Emotionen und man sollte das Spiel auch aus Sicht der Zuschauer sehen. Ein „Grottenkick“ bleibt ein „Grottenkick“, daran gibt es nichts schön zu reden, und man darf auch überschwänglich sein, wenn man merkt, dass die Leute um einen herum begeistert sind.

Sie werden natürlich seit Jahrzehnten mit unserem VfL in Verbindung gebracht. Können Sie sich noch an Ihr erstes Spiel erinnern, dass Sie für Radio Bochum (damals Ruhrwelle) kommentiert haben?
Ja. Am Wochenende 4./5. August 1990 ging Radio Bochum an den Start, und der VfL spielte in der ersten Runde des DFB-Pokals bei Waldhof Mannheim. Damals spielten beim Gegner u. a. Christan Wörns und Dieter Hecking, und der VfL verlor das Spiel mit 2-3.

Es sind ja im Laufe der Jahre sicherlich viele Freundschaften entstanden. Zu welchem Spieler pflegen Sie denn ein ganz besonderes Verhältnis und warum?
Ich könnte jetzt eine endlos lange Liste aufzählen, die dann immer noch nicht vollständig wäre. Aber ich nenne mal ein paar Namen, stellvertretend für viele großartige Menschen und Fußballer, die ich in der Zeit kennengelernt habe: Sören Colding, Torsten Kracht und Anthar Yahia usw. Oder auch Uwe Wegmann, Rob Reekers und „Katze“ Zumdick. Ich könnte tausend Namen nennen.

Der VfL hatte entspannte, feurige und auch Trainer, die schon einmal etwas mehr im Mittelpunkt standen als andere. Sie sind ja immer sehr nah dran. Gibt es einen Coach, wo Sie sagen, dass war oder ist der perfekte Fußballlehrer?
Ich weiß nicht, ob es überhaupt einen „perfekten“ Fußballlehrer gibt, aber von allen, die ich in meiner Zeit als Journalist beim VfL erlebt habe, habe ich besonders Klaus Toppmöller ins Herz geschlossen. Er war nicht nur Coach, sondern vor allen Dingen Mensch. Auch weil er selbst, als Aktiver, mal über die Stränge geschlagen hat. Mit Klaus konnte man „Pferde stehlen“, aber er war auch knallhart, wenn es sein musste. Seine Art hat mir imponiert. Er hat mir im Fußball mit die schönste Zeit beim VfL geschenkt und privat mein Leben mit vielen schönen Erlebnissen bereichert.

Begrüßen Sie die Entscheidung, dass der VfL mit dem Stadion an der Castroper bleibt, oder sehen Sie bezüglich der Zukunftsperspektive dadurch eher finanzielle Engpässe, um im Konzert Bundesliga auf Dauer mitzuspielen?
Ich bin da völlig zwiegespalten: Einerseits liebe ich das Ruhrstadion als mein „zweites Wohnzimmer“, anderseits beschert unser „Schmuckkästchen“ dem VfL massive finanzielle Einnahmeverluste pro Heimspiel. Übersetzt: Allein durch die Stadion-Einnahmen entgehen dem VfL gegenüber der Konkurrenz in jeder Spielzeit zweistellige Millionenbeträge. Dies zu kompensieren ist wahrscheinlich eine „Mission: Impossible“.

Sie sind seit einigen Monaten mit Ihrem Buch unterwegs, das fantastisch läuft. Im Rahmen dieser Lesungen sammeln Sie Geld für Radio Bochum und die Aktion Lichtblicke. Es sind mittlerweile über 100.000 €, wenn man Ihre Gala beim VfL miteinbezieht. Da haben Sie unfassbar viel Unterstützung bekommen. Macht Sie das nicht wahnsinnig stolz?
Ja, ich bin selbst überrascht von dem großartigen Erfolg. Auch wenn die Gala noch nicht komplett abgerechnet ist, dürften insgesamt rund 150.000 € an „Lichtblicke“ gehen. Was mich noch mehr begeistert, waren die Erlebnisse auf meiner Lesungs-Tour, wo ich bis Ende des letzten Jahres (2023), knapp 18.000 € persönlich gesammelt habe. Was mich wirklich wahnsinnig stolz macht, sind die vielen VfLFans, die mich bei dieser Aktion mit Spenden unterstützt haben. Ich nenne mal ein zusätzliches Beispiel, abseits der Lesungen: Fans haben Schals verkauft und den Reinerlös von 2.500 € direkt an „Lichtblicke“ überwiesen. Alles zusammen einfach unglaublich! Das zeigt, dass meine Freunde und die ganze VfL-Familie ein offenes Ohr für die „Aktion Lichtblicke“ haben.

Wo kann man Sie mit Ihren Lesungen 2024 live sehen? Ist schon etwas geplant?
Über weitere Termine kann man sich auf der Homepage von Radio Bochum sicher informieren.

Viel Erfolg und bleiben Sie gesund.
Danke, Sie auch und alles Gute für 2024.