bochum macht spaß
Foto: Bahnhof Langendreer

BAHNHOF LANGENDREER | NIMMT ENDLICH WIEDER DAMPF AUF!

Text: Michael Petersen
Fotos: Bahnhof Langendreer

ALLE kulturellen Einrichtungen hatten es in den vergangenen zwei Jahren extrem schwer, vor allem, weil sie auch mit Veranstaltern und Agenturen zusammenarbeiten, die ihre Events immer wieder verschieben mussten. Es lag also trotz der verschiedenen Lockdowns genügend Arbeit an, geplante Programme für die Zukunft auszurichten und in unzähligen Gesprächen mit Veranstaltern auch deren Sorgen und Wünsche zu verstehen und im Rahmen des Möglichen zu erfüllen. Dem Bahnhof Langendreer ist dies nachhaltig gelungen. Es finden wieder Veranstaltungen statt. Dafür sind auch wir den Verantwortlichen des Bahnhof Langendreer dankbar. Um die aktuelle Lage einmal genauer abzuklopfen, baten wir Martina Weinzierl, die Programmverantwortliche für Kabarett und Comedy, zum Interview.

Sie haben wie alle Konzert- und Eventhallen zwei harte Jahre hinter sich. Nun scheint es endlich etwas mehr Hoffnung für die Zukunft zu geben. Aber wie ist der Bahnhof durch diese zwei Jahre gekommen bzw. wie schwer war es wirklich?
Zu Beginn der Pandemie herrschte große Unsicherheit: Im März 2020 wurden erst einmal alle Veranstaltungen abgesagt. Wir haben aber sehr schnell von der Stadt Bochum das Signal bekommen, dass deren Förderung weiter gewährt wird. Ein großer Teil unserer Kolleg:innen ist dann in Kurzarbeit gegangen. Das hat dem Bahnhof weitergeholfen, aber für die Kolleg:innen hat es natürlich finanzielle Einschnitte bedeutet. Am schlimmsten hat es aber die Minijobber, z. B. die Tresenkräfte, und die Honorarmitarbeiter:innen wie DJs, Layouter und die Künstler*innen getroffen. Für die gab es ja zu Beginn der Pandemie keinerlei Unterstützung. Auch emotional erlebten wir ein Auf und Ab: Ständig wurden mit der Hoffnung auf absehbare Öffnungen neue Veranstaltungen geplant, die dann jedoch wieder abgesagt werden mussten. Die Perspektivlosigkeit, ob man morgen, in zwei Wochen oder erst in einem Jahr wieder wirklich, also mit Publikum, arbeiten kann, war streckenweise sehr demotivierend. Es wurden wahnsinnig viele Events immer wieder verschoben.

War die Zusammenarbeit mit den Veranstaltern/Tourbookern unkompliziert und nachhaltig oder hatten Sie das Gefühl, dass mancherorts die Nerven blankliegen?
Grundsätzlich hatte man immer das Gefühl, wir sitzen alle im gleichen Boot. Natürlich hat man bei einigen Agenturen gemerkt, dass sie am Limit sind. Ängste und große Zukunftssorgen waren ein Thema. Viele, die die Möglichkeit hatten, haben Ihre Mitarbeiter:innen in Kurzarbeit geschickt. Aufgaben, die sonst bei den Agenturen lagen, sind teilweise von den Künstler:innen übernommen worden. Aber es war immer ein Miteinander!

Wie schätzen Sie die Unterstützung vom Bund ein? Viele Veranstalter und auch Locations sind der Ansicht, dass die finanziellen Mittel ab einer gewissen Größe einfach zu knapp ausgefallen sind. Wie ist ihr Standpunkt dazu?
Grundsätzlich kann man hier Agenturen und Veranstalter wie den Bahnhof nicht über einen Kamm scheren. 2020 sah es für den Bahnhof zunächst sehr schwierig aus. Erst einmal hat es etwas gedauert, bis es Programme seitens des Bundes gab, bei denen auch Ausfallgagen für die Künstler:innen gezahlt werden konnten. Ich glaube, an vielen Punkten ist die Unterstützung für die Künstleragenturen und auch für die Künstler:innen selbst sehr knapp ausgefallen. Ich weiß von Agenturen, die auf ihr Privatvermögen zurückgreifen mussten.

Hat in dieser schwierigen Zeit ein Austausch mit anderen Veranstaltern oder Kulturschaffenden aus Bochum stattgefunden und wenn ja, was konnten Sie daraus mitnehmen?
Es hat in Bochum einen regelmäßigen Austausch innerhalb der freien Kulturszene gegeben, aber auch innerhalb unseres Verbandes Soziokultur NRW. Auch vom Kulturbüro der Stadt Bochum und dem Oberbürgermeister wurde der Austausch der Bochumer Veranstalter organisiert. Da wurden viel praktische Dinge, von Hygienemaßnahmen bis hin zu Kulturfördermaßnahmen, diskutiert. Aber letztendlich haben dann die Landesregierung und der Bund immer mit sehr kurzfristigen Maßnahmen entschieden, auf die wir dann reagieren mussten. Wir hatten auch Austausch mit Häusern, die ähnlich unserem strukturiert sind. Es gab viel Solidarität in der Kulturszene.

Der Bahnhof präsentiert seit Jahrzehnten immer wieder wunderbare Künstler. Unter welchen Bedingungen werden die nächsten Konzerte stattfinden? Nils Wülker auftreten zu lassen ist ja auch ein wichtiger Schritt und schon einmal ein klares Statement Ihrerseits.
Wir planen unsere Veranstaltungen immer entlang der aktuellen Corona-Verordnungen, die zurzeit leider nur Konzerte im Sitzen zulassen. Bei den bestuhlten Veranstaltungen können wir ja mit der Maske am Platz fast unsere volle Kapazität nutzen. Um Abstände etc. zu gewährleisten, spielen wir zurzeit mit 80% Kapazität. Wir hoffen aber, dass durch Lockerungen wieder ein normaler Betrieb zulässig sein wird, und freuen uns da riesig drauf.

Denken Sie, dass das Publikum aufgrund der langen Abstinenzphase nicht mehr so leicht auf Konzerte gehen wird oder sind die Leute eher froh, dass es wieder losgeht?
Auch diese Frage kann man nicht so generell beantworten. Wir stellen fest, dass viele Menschen Ängste davor haben, in große bzw. volle Veranstaltungen zu gehen – andere hingegen freuen sich, dass wieder Veranstaltungen stattfinden können. Ich glaube, es gibt einen Unterschied zwischen jüngerem und älterem Publikum. Die jungen Zuschauer:innen, das haben wir zumindest bei den wenigen Veranstaltungen, die stattgefunden haben, feststellen können, werden zu Konzerten und Kabarett-/Comedy- Abenden kommen. Die etwas älteren Menschen werden da vorsichtiger sein.

Mit dem Kino Endstation und den beiden Eventhallen sind Sie, wie ich finde, hervorragend aufgestellt. Worauf dürfen wir uns 2022 denn ganz besonders freuen?
Was uns besonders freut, ist, dass wir das Festival Ruhr International an der Jahrhunderthalle wieder in vollem Umfang planen können. Und wahrscheinlich in diesem Jahr auch die verschobene 35-Jahrfeier unseres soziokulturellen Zentrums.