DIE VFL BOCHUM EUROPACUP-LEGENDE IM INTERVIEW
Foto: Peter Közle

Text:

Oliver Bartkowski

Fotos:

Jochen Grothkop

Foto: Foto: Jochen Grothkop

Peter, du wurdest in Trostberg (Oberbayern) geboren. Nach deiner Karriere bist du aber im Pott, genauer gesagt in Bochum, geblieben. Was gefällt dir an der Stadt besonders?
Als ich 1993 von Zürich in den Pott nach Duisburg gekommen bin, habe ich mich sofort heimisch gefühlt und als ich zwei Jahre später zum VfL gewechselt und nach Bochum umgezogen bin, wusste ich sehr schnell, das ist die Stadt, in der ich bleiben möchte. Die Stadt hat sehr viel zu bieten, um sich hier wohlzufühlen. Das Bermuda3Eck mit all den Kneipen und Restaurants, den Starlight Express, das Schauspielhaus, den Kemnader See oder den Stadtpark im Zentrum der Stadt. Bochum ist für mich eine der tollsten Städte, die ich kenne.

Du hast in deiner Karriere zweimal für den MSV gespielt. Gibt es Parallelen zu Bochum oder sind beide Clubs komplett unterschiedlich?
Eigentlich waren die Vereine zu meiner Zeit gar nicht so unterschiedlich. Beide Vereine wurden sehr familiär geführt. Der MSV durch Herrn Fischdick und der
VfL von Herrn Altegoer. Der VfL hatte natürlich mit dem Ruhrstadion ein reines Fußballstadion und als ich in die Kabine am Trainingsgelände vom MSV gegangen bin, habe ich am Anfang schon gedacht, dass es sich hier um den Geräteschuppen handelt. Das war beim VfL schon etwas professioneller.

Wann hast du gemerkt, dass fußballtechnisch in dir möglicherweise eine besondere Qualität steckt?
Man merkt so etwas schon in der Jugend. Als ich beim TSV Trostberg angefangen habe in der E-Jugend Fußball zu spielen und später zum FC Bayern München
gewechselt bin, da wusste ich schon, dass ich vielleicht mal Fußballprofi werden könnte.

Von 1985 bis 1987 warst du als junger Spieler beim FC Bayern. Was war das damals für eine Zeit und wie betrachtest du das heute mit einem jahrzehntelangen Abstand?
Wenn du in einem kleinen Ort wie Trostberg aufwächst und Fußball spielst, dann träumst du natürlich davon, irgendwann einmal beim großen FC Bayern zu spielen. Als der Jugendleiter von Bayern dann angerufen hat, da war ich mächtig stolz, allerdings war das Problem für uns Jugendspieler die Tatsache, dass der Ulli Hoenes nicht unbedingt bei der Jugend nach neuen Profis geschaut hat, sondern lieber Spieler eingekauft wurden. So war es fast unmöglich bei Bayern damals Profi zu werden.
Ich finde es interessant, dass du über eine kurze Station beim TSV Ampfing über Brügge und die Schweiz in die Bundesliga gefunden hast. Warum der Umweg? Gab es nicht direkt die Möglichkeit in der 2. oder 1. Bundesliga zu starten oder war das durchaus so von dir gewollt?
Als ich meine Ausbildung zum Verwaltungsangestellten abgeschlossen hatte, wollte ich unbedingt Fußballprofi werden. Als mich dann ein Spielervermittler
gefragt hat, ob ich mir vorstellen könnte in der Schweiz Fußball zu spielen, habe ich sofort gemerkt, dass ich das machen möchte. Ich habe es auch bis
heute nicht bereut damals in die Schweiz gegangen zu sein.

Du bist 1991 mit der Schweizer Legende Grashoppers Zürich Meister geworden. Ein großer Name im Schweizer Fußball. Wie war das damals und vor wie vielen Zuschauern spielt man in der Schweiz? Wie erliefen die Derbys mit dem FC Zürich?
Es war ein tolles Erlebnis mit Grasshoppers Meister zu werden. Wir hatten ein tolles Team mit Ottmar Hitzfeld als Trainer. Das Zuschauerinteresse war in Zürich nicht besonders groß. Teilweise haben wir Zuhause vor 4000 bis 5000 Zuschauern gespielt, allerdings waren die Stadien bei Auswärtsspielen immer ausverkauft und die Spiele hoch emotional. Wir waren beim Rest der Schweiz ziemlich verhasst. Die Derbys gegen den FC Zürich sind vergleichbar mit Bayern gegen 1860 oder Dortmund gegen Schalke. Das Stadion ist voll, die verschiedenen Fangruppen haben sich natürlich gehasst, keiner wollte und durfte verlieren. Ich glaube, ich habe auch nicht ein Derby verloren (lacht). Heute schaut es leider anders aus.

Warum dann der Wechsel von Zürich nach Duisburg? Hätte sich da nicht eher 1860 angeboten? Das wäre für dich ja fast um die Ecke gewesen.
Ich konnte mich mit dem damaligen Manager nicht auf einen neuen Vertrag einigen und wollte eigentlich mit dem Fußball aufhören. Ewald Lienen, der damals Trainer beim MSV war, wollte mich unbedingt haben und hat mich dann bei einem persönlichen Gespräch davon überzeugt, nach Duisburg zu kommen. 1860 München wäre natürlich näher gewesen, die hatten mich aber nicht auf ihrer Liste.

In Duisburg lief es erst einmal super und als Torjäger warst du beachtlich unterwegs. In der darauffolgenden Saison gab es dann ein Formtief und sogar die Fans wollten dir an den Kragen. Dein Plan in Duisburg sesshaft zu werden wurde zu den Akten gelegt und die Fankneipe wurde später auch noch geschlossen. Eine Zeit die niemand braucht, oder? Wie stand der Verein in dieser Zeit denn überhaupt zu dir?
Wir hatten in Duisburg ein gutes Jahr mit einer tollen Mannschaft. Wir waren sogar nach 21 Spieltagen Erster und ich habe in der ersten Saison 13 Tore geschossen. Leider verlief das zweite Jahr für mich und den Verein nicht mehr so positiv und leider war für die Fans schnell klar, dass es halt an mir liegt. Man muss sich aber auch selbst eingestehen, dass man viele Dinge einfach übertrieben hat. Eine Fankneipe eröffnen, eine CD aufnehmen, das ein oder andere Bier in der Stadt trinken, obwohl man vorher das Bundesligaspiel verloren hat. Das kannst du vielleicht Alles machen, wenn die Leistung stimmt und der Erfolg da ist. Es war eine brutale Zeit für mich, weil ich so etwas vorher noch nicht erlebt habe. Ich hätte mir in der Zeit auch mehr Unterstützung vom Verein gewünscht, jedoch glaube ich, dass auch der Verein mit der Situation überfordert war.

Du bist dann nach Bochum in die 2. Liga gewechselt. Dafür sind dir viele Fans heute noch dankbar. In Bochum lief es dann richtig rund. Wie war es für dich, damals in diesem schicken Stadion im VfL-Trikot aufzulaufen, wo die Fans dir quasi auf der Schulter sitzen?
Ich kannte ja das Ruhrstadion, weil wir mit dem MSV da ja schon gespielt haben, aber als ich dann für den VfL in diesem geilen Stadion auflaufen durfte, da war jedes Heimspiel etwas Besonderes.

Du gehörst zur legendären Eurotruppe, die beinahe sogar Ajax Amsterdam gestürzt hätte. Ich vermute, dass du mächtig stolz darauf bist, in den VfL-Geschichtsbüchern für ewig einen Platz gefunden zu haben?
Natürlich macht mich das stolz. Wir haben etwas Sensationelles für den Verein und für uns erreicht. Das kann mir keiner mehr nehmen.

Später hast du noch bei Union Berlin in der 3. Liga gespielt und für unterklassige Vereine in Bochum wie RW Stiepel, Inter Bochum oder VfB Günnigfeld. Hattest du nach deiner Profikarriere tatsächlich noch so richtig Lust am Kicken in den unteren Amateurligen oder hast du Freunden einen Gefallen getan?
Ich musste ja leider mit dem Profifußball aufhören, weil ich zum dritten Mal an der Achillessehne operiert wurde, aber die Lust am Kicken war immer noch da. Besonders die Zeit nach den Spielen oder Trainingseinheiten in der Kabine hat mir sehr viel Spaß gemacht. Beim VfB Günnigfeld habe ich ja noch sehr lange gespielt.

Du arbeitest heute als Trainer bei den VfL-Jugendcamps. Was kannst du heute vermitteln und was ist dir beim Training mit Kindern und Jugendlichen wichtig?
Wichtig ist für mich, dass die Kinder Spaß am Fußball haben. Wenn die Jungs und Mädels nach solchen Camps zu dir kommen und sagen, dass sie beim nächsten Mal wiederkommen wollen, dann weiß ich, dass ich gute Arbeit geleistet habe. Natürlich versucht man den Kindern Werte wie Teamgeist, Fairness und Respekt zu vermitteln.

Was macht denn einen richtig guten Trainer deiner Ansicht nach aus?
Ich habe mal gehört, es gibt keinen guten oder schlechten Trainer, sonder nur erfolgreiche, aber Spaß beiseite: Ein Trainer sollte ein guter Motivator, Psychologe und Pädagoge sein, ehrlich, geradlinig, autoritär, jedoch auch Ansprechpartner für die Spieler. Wenn er dann noch ein sportlicher Fachmann in Sachen Fußball ist, dann dürfte das einem guten Trainer schon sehr nahe kommen.

Was die Jugendarbeit angeht ist der VfL ziemlich gut aufgestellt, oder?
Ich glaube, dass wir uns um die Jugendarbeit beim VfL keine Sorgen machen müssen. Er gehört zu den Top-Adressen in Deutschland.

Kommen wir mal zu den VfL-Profis. Wir hatten dermaßen viele Möglichkeiten in dieser Saison oben anzudocken, trotz einer großen Konkurrenz. Leider wurde jedes Mal dramatisch versagt, wenn der große Sprung nach oben in Aussicht stand. Was denkst du, was läuft verkehrt und warum verliert man solche Spiele in Sandhausen, obwohl der Gegner in der ersten Halbzeit mehr oder weniger völlig von der Rolle war und bis zum 1:0 nicht eine Torchance hatte?
Wichtig ist bei solchen Spielen, den Gegner nicht durch eigene Fehler ins Spiel zu bringen. Wenn du Vorne keine Tore schießt, dann nimm wenigstens einen
Punkt mit. Das ist gut für das Selbstvertrauen. Wir haben in der Vorrunde drei Spiele in den letzten Minuten verschenkt und könnten eigentlich weiter oben
stehen. Da fehlt einfach die Konzentration. Leider muss man aber sagen, wenn du das Spiel gegen Paderborn nimmst, haben wir im Moment ganz oben Nichts zu suchen, trotzdem ist der VfL mit dem Trainer Dutt und Manager Schindzilorz auf dem richtigen Weg. Nach den Unruhen im letzten Jahr haben wir wieder Ruhe in den Verein bekommen und der Bochumer geht auch wieder gerne in Stadion. Hoffen wir auf den Aufstieg, auch wenn es vielleicht erst im kommenden Jahr klappt.

Danke für das Interview.