NEW ORLEANS | EINE BOCHUMER LEGENDE

BESUCH IN DER PAULUSKIRCHE
„Mein Gott, Herr Pfarrer“, mögen manche Gläubigen gefleht haben, als Constantin Decker 2023 die „Experimentierphase“ einläutete. Sein Ziel: Die Pauluskirche in der Bochumer Innenstadt zu einer „Stadtkirche“ umzuwandeln, zu „einem Ort für ungewohnte Wege auf der Suche nach Gott“, so der 35-Jährige. Das Erprobungsjahr ist abgelaufen; der „Revoluzzer“ unter Bochums Geistlichen sieht sich in seiner Mission bestärkt. Kirche für alle: Das soll und wird das Jahr 2025 an der Grabenstraße mit vielfältigen Veranstaltungen mehr denn je prägen. Ein Thema: Filmmusik!
Oben auf der Empore prangt noch der Altar. Doch bei den sonntäglichen Gottesdiensten hält Constantin Decker seine Predigten an einem Stehpult, inmitten der Besucher. Die nehmen auf Stühlen Platz. Denn die dreißig Kirchenbänke hat Decker ausrangiert, kurz nachdem er 2022 Pfarrer in der Evangelischen Kirchengemeinde Bochum wurde.
Die Bänke bleiben weiterhin eingelagert. „Die kommen nicht mehr zurück“, betont Constantin Decker. Die Gottesdienste hätten als Stuhlkreis ein neues Gesicht erhalten, schwärmt der Pfarrer. Er begegne der Gemeinde nun im Wortsinn auf Augenhöhe. Bestand haben sollen auch die weiteren Neuerungen, die er während der „Experimentierphase“ eingeführt hat: durchaus kritisch beäugt von einigen Verfechtern der reinen Glaubenslehre, gleichwohl mit starkem Rückhalt der Landeskirche.
So ist das Gotteshaus nun täglich von 10 bis 18 Uhr für alle Menschen geöffnet: als „Raum der Stille für Ruhe und Gebet, um eine Kerze anzuzünden und im Augenblick anzukommen“. Das Angebot inmitten der hektischen City werde sehr gut angenommen, sagt Decker.
Erfolgreich ist auch sein Bemühen, die Pauluskirche als Ort unterschiedlichster Veranstaltungen zu entdecken und zu etablieren. Was vermag eine Kirche im Herzen einer Großstadt über ihre klassischen Aufgaben hinaus zu leisten? Wie kann sie weiterentwickelt werden? Fragen, auf die Decker mit seinen Partnern schon einige überzeugende Antworten gegeben hat. Konzerte, Lesungen, Theater, Performance-Kunst, Ausstellungen und mehr bereichern seit 2023 das Gemeindeleben. Zwei Beispiele: Im Rahmen eines Kunstprojekts wurde ein Erdhügel in der Kirche aufgeschüttet. Süßes, Wein und Bier wurden gereicht, als die Pauluskirche bei der Gastro-Aktion „Gangwechsel“ des Händlerverbundes „Bochumer Originale“ Schauplatz des abschließenden Dessert-Gangs war.
Events „auf der Grenze zwischen Religion und Kultur, zwischen Profanem und Heiligem, zwischen Alltag und Paradies“ sollen auch in diesem Jahr auf reges Interesse stoßen. Bis zu 180 Besucher finden Platz. Im März gibt es noch drei Termine: – „Musik ohne Worte“ präsentiert am 21. März der Pianist und Komponist Martin Brödemann, Zu hören sind romantische Werke u. a. von Felix Mendelssohn-Bartholdy (17 Uhr, Eintritt frei, Spenden willkommen).
– „Let’s get physical“ heißt eine Vortragsreihe der Fakultät für Physik und Astronomie der Ruhr-Universität. Die Quanten- Wissenschaft wird mit populären Mitteln beleuchtet: letztmals am 22. März mit Dr. Arne Ludwig (11 Uhr, Eintritt frei).
– „Totentanz“ hat Ludger Schmidt sein Werk genannt, das er am 28. März am Violoncello aufführt (17 Uhr, Eintritt frei, Spenden willkommen).