bochum macht spaß
Foto: Martin Steffen

FRANK GOOSEN | WIEDER AUFFEM PLATZ

Text: David Wienand
Fotos: Martin Steffen

FRANK GOOSEN | WIEDER AUFFEM PLATZ

Frank Goosen und der Fußball – der eine lässt den anderen nicht los und umgekehrt, so scheint es beinahe. Nicht zum ersten Mal widmet sich der Bochumer Autor neben- und hauptberuflich dem Ballsport und arbeitet sich literarisch an den vielen Facetten rund ums runde Leder ab; den wichtigen auffm Platz, aber auch den witzigen bis absurden. In seinem neuen Roman »Spiel ab!« lässt er seine bekannte Romanfigur Fränge aus einer väterlichen Not und Laune heraus zum Jugendfußballtrainer werden, unfreiwillig assistiert von seinen Freunden Förster und Brock. Für Bochum macht Spaß sprach David Wienand mit Frank.

Frank, schon seit einer ganzen Reihe von vorangegangenen Veröffentlichungen prangt der prominente Sticker mit der Auszeichnung „SPIEGEL Bestseller-Autor“ auf deinen Büchern. Um wie viele Zentimeter wächst du mit jeder dieser Auszeichnungen?
Der Aufkleber ist mir ehrlich gesagt immer ein bisschen peinlich. Wenn ich selbst eines meiner Bücher verschenke, knibble ich den immer ab.

Zur Zeit der Romanhandlung, so erfährt der Leser auf Seite 40 deines neuen Romans »Spiel ab!«, spielt der VfL Bochum 1848 noch zweitklassig. Hättest du nicht als ausgewiesener VfL-Kenner den Aufstieg und die Erstklassigkeit für den Tag der Veröffentlichung des Romans voraussehen müssen?
Das hat mit der Chronologie der Förster-Romane zu tun. »Förster, mein Förster« spielt in dem Jahr, in dem die Hauptfiguren 50 werden, also 2016. Und die Handlung von »Spiel ab!« setzt ein Jahr später ein. Und da steckte der VfL eben noch in dieser Spielklasse, die ich mittlerweile schon wieder vergessen habe.

Aktuell kämpft der VfL – in der zweiten Spielzeit hintereinander – in der ersten Liga, allerdings gegen den Abstieg. Lass unsere Leser doch bitte gleich zu Anfang des Gespräches aus deinem fußball- und vereinsfachkundigen Munde hören, ob wir mit einer weiteren Erstliga-Saison 2023/2024 rechnen dürfen.
Ich habe selten erlebt, dass die Bochumer Fanszene mit einer derart realistischen Einschätzung in die Saison gegangen ist. Dementsprechend fällt die Unterstützung auch nach schlechten Spielen aus. Wenn man gesehen hat, zu was die Mannschaft gegen die beiden Berliner Teams fähig war oder gegen Eintracht Frankfurt, muss man festhalten: Die können eigentlich nicht absteigen.

In deinem neuen Roman geht es auch wieder um Fußball. Dein Romanheld Fränge übernimmt – mit seinem Freund Förster als unfreiwilligem Co-Trainer – das Traineramt einer Bochumer Jugend-Fußballmannschaft. Man darf wohl davon ausgehen, dass du hier ganz viele Erfahrungen aus der eigenen Jugendtrainer-Tätigkeit – im Verein deiner Söhne – mit in das Romangeschehen einbringst, oder!?
Auf jeden Fall. Der Roman basiert auf meinen Erfahrungen, allerdings habe ich gezielt in der dritten Person geschrieben, um größere Freiheit zu haben, auch etwas dazuerfinden zu können.

Fränge, der über gar keine Fußballtrainer-, allerdings Stadion-Erfahrung verfügt, kommt auf diese Idee, um das Verhältnis zu seinem Sohn Alex zu verbessern. Wir dürfen doch hoffen, dass dieses Vater-Sohn-Motiv ein rein fiktives und nicht auch autobiografisches für deinen Roman gewesen ist.
Genau. Ich lebe nach wie vor mit meiner Frau zusammen. Mein Sohn musste mich nicht in solchen Momenten erleben wie Alex seinen Vater Fränge im Roman. Phantasie ist ja im Autorenjob durchaus hilfreich.

In Fränges Jugendmannschaft finden sich junge Menschen mit ganz vielen, verschiedenen Migrationshintergründen, wie Förster feststellt: „die reinste UNO“. Wie bist du selbst als Jugendtrainer damit klargekommen, und sind es die Erlebnisse und Erfahrungen, die du als Trainer gemacht hast, die sich auch im Roman wiederfinden?
Die Wurzeln der Eltern meiner Spieler lagen in der Türkei, im Libanon, im Kosovo, in Portugal, in Russland, in Italien und Deutschland. Ich fand es interessant, wenn einer im Trikot des libanesischen Lieblingsvereins seines Vaters zum Training gekommen ist. Das war mir lieber, als wenn er in Schwarzgelb erschien (lacht). Und dass sie manchmal schwer zu bändigen waren, hatte vor allem den Grund, dass sie Jungs waren, die in die Pubertät kamen. Wie die Altvorderen sagten: „Da hamm die doch alle ´n Nagel im Kopp!“

Es fällt auf, dass im Roman die nur scheinbar vernünftigeren Erwachsenen nicht selten gegenüber den jungen Leuten das Nachsehen haben und sich durch Verhalten und Äußerungen als weniger erwachsen erweisen als die Heranwachsenden. War das für dich eine der wichtigsten Erkenntnisse aus deinem Trainerjob und findet sie sich deshalb so explizit in deinem Roman wieder?“
Na ja, das ständige Beleidigen, dieses ewige „Deine Mudda!“ und Ähnliches, das ich auch im Roman beschreibe, war nicht besonders erwachsen. Aber tatsächlich muss einer wie Fränge, der sich so lange geweigert hat, „erwachsen“ zu werden, schon fragen, ob er nicht doch mal ein bisschen Verantwortung übernehmen soll, seinem Sohn zuliebe. Gleichzeitig hoffe ich, dass Fränge und auch ich immer ein bisschen Kindskopf bleiben werden.

Manche der zuvor angesprochenen Dinge machen auch deutlich, dass es dir neben zwischenmenschlichen Beziehungen wohl auch um aktuelle gesellschaftliche Phänomene in deinem neuen Roman geht: Solidarität, Miteinander, Freundschaft, Migration, Ausgrenzung, sprachliche Verrohung usw., insbesondere, wenn man die Dialoge und darin die expressive, z. T. aggressive und verletzende Redeweise der Jugendlichen betrachtet. Soll »Spiel ab!« also mehr sein als nur ein Roman für einige unterhaltsame Lesestunden?
Ich verfolge da kein pädagogisches Programm. Aber du kannst keinen Roman über Jugendfußball schreiben, ohne bestimmte Themen anzusprechen. Sprüche wie: „Du hast aber auch `ne Menge Ölaugen in der Mannschaft“ habe ich durchaus gehört. Aber auch wenn es ein bisschen klingt wie das Wort zum Sonntag, ist eine Sportmannschaft – nicht nur beim Fußball – natürlich eine Gruppe, die sich zu einem gemeinsamen Ziel zusammenschließen muss, wenn sie erfolgreich sein oder auch einfach nur Spaß haben will.

Einige »Spiel ab!«-Romanfiguren – neben Förster und Fränge zum Beispiel auch deren Kumpel und Lehrer Brocki – kennt der geneigte Goosen-Leser bereits aus vorangegangenen Büchern, in denen es inhaltlich allerdings um ganz andere Dinge als Fußball geht. Ist das eher der Bequemlichkeit geschuldet, nicht immer wieder neue Figuren-Biografien kreieren zu müssen, oder hast du sie so in dein Herz geschlossen, dass du sie nicht mehr loslassen möchtest?
Letzteres. Ich habe die Jungs ja auch in einigen Geschichten in meinem Achtziger-Jahre-Buch »Sweet Dreams« auftauchen lassen. Ich mag die wirklich. Und die Konstellation dieser drei sehr unterschiedlichen Typen, also vor allem der Gegensatz zwischen Fränge und Brocki, erlaubt mir einfach rein handwerklich, sehr viel zu erzählen. Herzlichen Dank für das Gespräch und viel Erfolg für deinen neuen Roman »Spiel ab!«.

Danke. Wir sehen uns im Stadion.

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