ALICE COOPER | BOCHUM IST NICHT DETROIT
Foto: ear Music

Interview: David Wienand

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Aber Bochum hat mit Detroit den Überlebenskampf nach dem Nieder- oder Abgang wichtiger Industriezweige, besonders natürlich der Auto-Industrie, gemeinsam. Die Stadt an der Ruhr besann sich 2014 nach der Schließung des Opel-Werkes, auch angespornt durch die Kultur-Kampagne „This is not Detroit“, ihrer anderen und weiteren Stärken und war nicht gewillt, dem Weg der amerikanischen Auto-Stadt Detroit in die Hoffnungslo-sigkeit zu folgen und nach wie vor ist „Tief im Westen“ von Herbert Grönemeyer daher die Hymne, die von Bochumern mit Stolz gesungen wird. Alice Cooper ist Sohn der ehemaligen „Motor City“ am Detroit River und, obwohl er heute sicherlich auch des angenehmeren Klimas wegen lieber in Phoenix, Arizona, lebt, ist er immer noch eng mit seiner Geburtsstadt im Norden der USA verbunden - quasi also alles so, wie mit unserem Herbert. Cooper ist mit Detroit so eng verbunden, dass er mit „Detroit City 2021“ (nicht zu verwechseln mit „Detroit Rock City von Kiss) ebenfalls eine Stadt-Hymne geschrieben hat und mit »Detroit Stories« ein ganzes Hommage-Album an die Stadt veröffentlicht und das mit Musikern nahezu ausschließlich aus Detroit und vielen Songs, die in der „Hard Rock-Hauptstadt der USA“, so Cooper, entstanden oder von ihr beeinflusst sind. Alles Gründe genug für unseren „bochum macht spaß“ Mitarbeiter David Wienand, mit Alice Cooper alias Vincent Furnier (so sein Geburtsname) ins Gespräch zu kommen und das an sich ist schon eine kleine Sensation.

Das musste fast zwangsläufig so kommen, denn immerhin habe ich dort meine Karriere mit den Jungs der ersten Alice Cooper Band begonnen. Ohne Detroit hätte es mich und die Band gar nicht gegeben. Detroit ist die Heimat des harten, amerikanischen Gitarren-Rock und die Menschen dort sind genauso wie diese Musik, hart und direkt. L.A. mag damals in den 1960-er und 1970-er Jahren die sexier Bands am Start gehabt haben, mit den Doors oder Jefferson Airplane zum Beispiel und aus New York ist die anspruchsvollere Musik von Velvet Underground gekommen. Detroit dagegen hatte die aggressiveren und wütenderen Bands: die Stooges, Grand Funk Railroad, MC5, Mitch Ryder, Bob Seger, Ted Nugent. An diese Geschichte und Tradition der Stadt möchte ich erinnern und anknüpfen und einige spannende Detroit-Geschichten erzählen, daher sind auf dem Album, neben meinen ehemaligen Alice Copper Band-Mitgliedern, auch Mark Farner von Grand Funk Railroad, Wayne Kramer von MC5, der Lou Reed-Gitarrist Steve Hunter, der Detroiter Jazz-Bassist Paul Randolph oder Musiker der Mitch Ryder Band mit von der Partie (Mitch Ryder tritt fast im Jahrestakt im Dortmunder Piano auf). Ein weiterer Grund für dieses neue Album war übrigens auch, dass ich so etwas noch niemals zuvor gemacht hatte.

Mit „ Hanging On By A Thread (Don’t Give Up)“ ist sogar ein Corona-Song auf dem Album »Detroit Stories« zu hören.
Ja, genau, denn überall auf der Welt haben alle derzeit unter der Pandemie und ihren Folgen zu leiden, besonders aber in Gegenden, in denen es die Menschen sowieso schon nicht leicht haben, also auch in Detroit und nicht wenige tragen vielleicht den Gedanken mit sich herum, ihrem Leben ein Ende zu setzen, weil sie keine Perspektive mehr haben und einfach nur verzweifelt sind. In dem Song geht es darum, dass die Gefahr eines Suizides weit gefährlicher ist, als der Covid-19-Virus, den man ja durchaus überleben kann. Covid verschwindet irgendwann, aber nach einem Selbstmord ist Schluss. Am Ende des Songs nenne ich daher eine Hotline, verbunden mit der Botschaft: Gebt nicht auf! Holt euch Hilfe.

Eine tolle Sache von Ihnen. In anderen Songs geht es dann um bestimmte Gegenden Detroits, mit denen Sie Erinnerungen verbinden.
Genau, aufgewachsen bin ich im östlichen Teil der Stadt und ich erinnerte mich, dass es einen sehr frühen Song von Bob Seger gibt, den er diesem Stadtteil, in dem er auch aufgewachsen ist, gewidmet hat, nämlich „East Side Story“. Das Lustige daran ist, dass, als ich Bob anrief, um ihm zu sagen, dass ich den Song aufnehmen wollte, er sich selbst zunächst gar nicht mehr an ihn erinnern konnte. Als ich ihm dann später unsere neue Version vorspielte, war er allerdings total begeistert davon.

Mit Wayne Kramer von MC5 und Mel Farner von Grand Funk Railroad haben Sie alte Hard Rock-Haudegen und -Gitarristen aus Detroit mit an Bord geholt. Was schätzen Sie so an ihnen?
Wayne und Mark haben ganz viel R&B in ihrer Art zu spielen und somit in ihrer DNA. Beide habe ich auf dem Album daher auch so spielen lassen, wie sie es wollten und mich nicht eingemischt, was ich sonst immer gerne tue. (lacht)

Und wie ist es dazu gekommen, dass die Sister Sledge (legendäre Soul Band mit Welthits wie „Lost in music“) auf dem Album ebenfalls zu hören sind? Die kommen ja eigentlich aus Philadelphia?
Nun, sie haben Alben auf dem Detroiter Motown Label veröffentlicht und sind somit Teil einer weiteren musikalischen Geschichte der Stadt. Unser gemeinsamer Song „$1000 High Heel Shoes“ gehört für mich gerade wegen Sister Sledge und der fetzigen Bläser zu den eher unerwarteten Songs auf einem Alice Cooper-Album.

Zu den musikalischen Überraschungen auf »Detroit Stories « zählt sicherlich auch „Our Love Will Change The World“, ein Stück, das man vom Titel her schon nicht mit Alice Cooper assoziiert und musikalisch ist er auch ein weiterer Ausreißer mit seinen eher flotten und angenehm melodischen Beat-Klängen.
Stimmt! Viele werden denken, dass er nicht passt. Er handelt davon, wie wir Menschen unsere Mitmenschen und die Welt behandeln. Die Gegensätzlichkeit zwischen der schönen Melodie und dem ernsten Inhalt hat es mir angetan, daher habe ich ihn mit auf das Album genommen. Der Song stammt übrigens, wie auch alle anderen Songs auf »Detroit Stories«, von Detroiter Musikern, Bands oder Songschreibern, in diesem Falle aber von einer Detroiter Band namens Outrageous Cherry.

Glaubst du, dass die irregeleiteten Menschen, die vor wenigen Monaten das Washingtoner Kapitol gestürmt haben, die Botschaft dieses mahnenden Alice Cooper-Songs erreichen wird?
Also ich denke wirklich, dass deren Anteil an der Bevölkerung verschwindend gering ist und 99% der Amerikaner den Sturm auf das Kapitol verurteilen und die Wahl des neuen Präsidenten akzeptieren. Trump ist abgewählt, Biden hat gewonnen, das ist es, was sie denken, egal, welchem politischen Lager sie angehören.

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