bochum macht spaß
Foto: Matrix

WILLKOMMEN IN DER MATRIX

DIRK ZIMMER IM INTERVIEW

Interview: Michael Petersen

Fotos: Matrix

Foto: Matrix

Vor allem zwei Clubs bestimmen in Bochum seit Jahzehnten die Live-Musikszene. Zum einen ist das die Zeche, welche wir bereits in einer der früheren Ausgaben ausführlich vorgestellt haben und zum anderen die Matrix, die vermutlich vielen auch noch als Rockpalast bekannt ist. Wir sprechen mit Betreiber Dirk Zimmer über die Matrix und wie schwer und aufwendig es ist, heute Live-Konzerte auf hohem Niveau zu veranstalten.

Herr Zimmer, wenn ich mich richtig erinnere, war es der ehemalige Fußballspieler Rolf Blau (VfL Bochum), der den Rockpalast Ende der 70er Jahre eröffnete, richtig?
Richtig und er hat den Club dann auch bis zum 30.06.1998 geführt.

Wann haben Sie den Rockpalast als Geschäftsführer übernommen?
Ich betreibe den Rockpalast und später die Matrix seit dem 01.07.1998.

Wie kam es zu dem Job? Ergab sich das durch einen Zufall?
Ich kam dazu, wie die Jungfrau zum Kinde. Ich hatte ein paar Jahre für Rolf als DJ aufgelegt und er hat mich damals gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, den Rockpalast zu erwerben und weiterzuführen. Ich fühlte mich natürlich gebauchpinselt und habe mir dann einen Plan gemacht, wie ich so etwas finanzieren kann. Was ich zu dem Zeitpunkt nicht wußte war, dass Rolf so ziemlich jeden gefragt hatte, selbst die Toilletenfrau.

Mit Ihnen kam im Jahr 2000 die Namensänderung in Matrix. Der Film mit Keanu Reeves war gerade ein Kassenschlager. Warum haben Sie den Namen gewählt?
Ich brauchte einen neutralen Namen, der die Zielrichtung des Ladens nicht einschränkt. Ich hatte ca. 30 Namen zur Auswahl, aber Matrix erschien mir am coolsten und traf mit dem Film absolut den Zahn der Zeit. Wir wollten uns damit von dem Mainstream abheben und für die Szene, Nischen- und Subkultur stehen.

Wie schwer ist es heutzutage ein Programm auf die Beine zu stellen und den Nerv des Publikums zu treffen?
Von Jahr zu Jahr wird es immer schwieriger die Gäste zu begeistern und für sich zu gewinnen, denn es zählt nur noch Happening und das Event. Früher war die Diskothek der klassische Ort, an dem man sich getroffen und kennengelernt hat. Es gab sehr wenig Konkurrenz und Alterntiven zur abendlichen Freizeitgestaltung. Heute ist das komplett anders Dank Social Media, Netflix, Tinder, Onlinegames etc. Ich muss nicht mehr aus dem Haus gehen, um am sogenannten Leben teilzunehmen. Das gesamte Ausgehverhalten hat sich komplett gew andelt.

Kommen die Veranstalter alle auf Sie zu oder holen Sie als Veranstalter auch Künstler auf eigene Rechnung nach Bochum?
Zu 80% bestimmen wir das Künstlerbooking für die Matrix selbst, wir sind aber jedem Veranstalter, der etwas bei uns platziert dankbar , sei es Konzert oder auch Partys.

Sie veranstalten aber auch Konzerte in Köln, Oberhausen und an anderen Orten, wie beispielsweise der Christuskirche. Muss man heutzutage so breit aufgestellt sein?
Es hat sich in den letzten 18 Jahren einfach so entwickelt. Künstler, die zu gross für die Matrix geworden sind, begleiten wir gerne weiterhin, auch in anderen Städten. Wenn eine Show in der Matrix schnell ausverkauft ist, bleiben wir gerne in Bochumµ und wechseln in den Ruhrcongress wie zum Beispiel bei The Boss Hoss, Rob Zombie, Marilyn Manson und die alljährliche Eisheilige Nacht. In Bochum hat auch die Christuskirche ein schönes Ambiente. Als Gast hatten wir dort u.a. Peter Murphy, Anne Clark, ASP, Subway to Sally, Opeth, Porcupine Tree, das Vollplaybacktheater, Ute Lemper, DIE Happy etc. Acht Jahre lang waren wir Mitorganisator vom Blackfield Festival in Gelsenkirchen und vier Jahre vomµ Devilside Festival. Immer wieder über den Tellerrand hinaus zu schauen und sich neu zu erfinden, das ist das fortwehrende Motto.

Es ist ja nun hinlänglich bekannt, dass die Verkäufe physischer Tonträger völlig eingebrochen sind. Bands verdienen allenfalls noch mit Ticketverkäufen und Merchandise. Ab wann rechnet sich denn für eine mittelgroße Band eine Tour überhaup t noch?
Das läßt sich nicht verallgemeinern, weil eine Tour auch für die Band ein hoher Kostenapparat mit Backline, Nightliner, Techniker und Servicepersonal darstellt. Viele kleine Touren dienen nur der Promo, um weiter nach Vorne zu kommen und der Weg zum Erfolg ist lang und beschwerlich. Das Gleiche gilt aber auch für den örtlichen Veranstalter, der das komplette Risiko meist alleine trägt. Es ist Alles abhängig vom geschlossenen Deal.

Auch Sie hatten schon schwere Zeiten zu überstehen. Kann man einem Newcomer heutzutage den Einstieg in das Veranstaltergeschäft noch mit gutem Gewissen empfehlen?
Mit dem Herzen am richtigen Fleck, Engagement und Biss auf jeden Fall ja, mit dem Traum schnell das große Geld zu verdienen nein Bochum hat eine breite Kulturlandschaft.

Bekommen Sie Zuschüsse vom Land oder der S tadt für I hre Arbeit?
Nein, wir sind ja kein soziokulturelles Zentrum, die alljährlich Zuschüsse bekommen und so wirtschaften können, dass Sie keine Gewinne machen müssen und
dürfen, sonst verfallen ja am Ende die öffentlichen Zuschüsse.

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